Armutsgefährdung höher als angenommen

Das Statistische Bundesamt hat Ende Februar die endgültigen Daten des Mikrozensus 2021 veröffentlicht. Erstergebnisse der Erhebung wurde bereits im letzten Jahr veröffentlicht. Nun zeigt sich, insbesondere für die Daten zur Armutsgefährdung eine deutliche Abweichung zu den Erstergebnisse auf Bundes- wie auf Landesebene.

Grundsätzlich wird mit der Armutsgefährdungsquote der Anteil der Bevölkerung beschrieben die mit ihrem verfügbarem Einkommen einen statistisch festgelegten relativen Mindestwert unterschreiten und von Armutsfolgen wie mangelnder sozialer Teilhabe betroffen sind. Dieser Wert entspricht 60 Prozent des mittleren Einkommens (Median) und wird als Armutsgefährdungsschwelle bezeichnet. 2021 lag die Armutsgefährdungsschwelle in Baden-Württemberg laut Mikrozensus bei 1.219 € für einen Einpersonenhaushalt.

Die Ergebnisse für die Bundesebene arbeitet der Paritätische Wohlfahrtsverband in seinem jährlichen Armutsbericht auf. Vor dem Hintergrund der neuen Datenlage hat der Verband seinen Bericht aktualisiert und in zweiter Auflage veröffentlicht. Der Bericht ist unten verlinkt.

Gegenüber den Erstergebnissen musste die Armutsgefährdung für 2021 in Baden-Württemberg gemessen am Landesmedian um 0,2 Prozentpunkte nach oben korrigiert werden und liegt abschließend bei 16,6 Prozent. Schon mit dem Wert der Erstergebnisse wurde ein neuer Höchststand der allgemeinen Armutsgefährdung in Baden-Württemberg verzeichnet. Dieser fällt damit noch etwas höher aus und dokumentiert, dass eine wachsende Zahl der Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg von Armut betroffen oder bedroht sind. Bezogen auf die verschiedenen Altersgruppen mussten überdurchschnittliche Anpassungen für die Gruppe der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren sowie die Gruppe der 18-25-Jährigen vorgenommen werden. Hier lag die Armutsgefährdungsquote jeweils um 0,3 Prozentpunkte über dem vorläufigen Wert. Damit sind 21,1 Prozent der unter 18-Jährigen und 23,8 Prozent der 18-25-Jährigen armutsgefährdet. Die Armutsgefährdung von älteren Menschen über 65 Jahren musste um 0,2 Prozentpunkte nach oben korrigiert werden und liegt bei 19,4 Prozent; mit 21,8 Prozent sind besonders ältere Frauen von Armut betroffen. 

Zu den weiterhin besonders von Armut betroffenen Gruppen gehören Alleinerziehende (44,5 %), Familien mit 3 und mehr Kindern (32,2 %), Menschen mit Migrationshintergrund (25,5 %) und Erwerbslose (45,4 %). 

Bei den vorliegenden endgültigen Daten handelt es sich um die Werte von 2021. Die Auswirkungen der enormen Preissteigerungen für Grundgüter des täglichen Lebens infolge des russischen Angriffskrieges sind damit also noch nicht abgebildet. Es ist davon auszugehen, dass die Werte mit der nächsten Erhebung erneut einen Höchststand erreichen werden, da die bisher ergriffenen politischen Maßnahmen zu selten und nicht ausreichend armutsbetroffene und –bedrohte Menschen gezielt unterstützt haben. Nicht hinnehmbar und entschieden entgegen getreten werden muss jeder Form der Relativierung, Gewöhnung  oder Verwaltung der wachsenden Armut oder Verelendung einzelner Gruppen in unser reichen Gesellschaft. Das Ziel bleibt auch weiterhin Armut präventiv zu verhindern oder als akute Lebenslage zu überwinden. 

Hier finden Sie die aktualisierten Daten des Statistischen Bundesamtes und 
die 2. Auflage des Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes 

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