Auswertung des Jugendhearings „Jugend im Lockdown“ – von Generation Corona sollte nicht die Rede sein
Am 15. Mai 2021 fand mit Minister Lucha ein digitales Jugendhearing unter dem Titel „Jugend im Lockdown – Wie geht es jungen Menschen mit Corona“ statt. In einer nun vorgestellten Auswertungen wurden die von jungen Menschen eingebrachten Perspektiven im Kontext des Hearings wissenschaftlich zusammengefasst.

Wissenschaftler aus dem DHBW, Sebastian Rahn und Prof. Dr. Thomas Meyer, haben knapp 900 schriftliche Statements sowie weitere kreative Einbringungen inhaltlich ausgewertet. Dabei trieb sie die Frage um, ob die Corona-Pandemie als geteiltes Schicksal zu einem ähnlichen Generationenbewusstsein geführt hat, man gar von einer „Corona Generation“ sprechen könnte.
In den Rückmeldungen junger Menschen waren folgende Kernthemen erkennbar: 43% haben sich zu Möglichkeiten der Freizeitgestaltung sowie zu psychisch-sozialen Belastungserfahrungen geäußert, 19% zur Situation an den Schulen, 17% in Auseinandersetzung mit der Pandemiepolitik.
Dabei lässt sich feststellen, dass junge Menschen den Verlust der Lebensphase Jugend erlebten, gepaart mit dem Wunsch nach jugendspezifischer Normalität. Des Weiteren richtete sich die Kritik junger Menschen weniger gegen die Inhalte der Pandemiemaßnahmen, als gegen Intransparenz und Übersichtlichkeit der Kommunikation dazu. Sie thematisierten negative Erfahrungen im Fernunterricht, die sich jedoch auf das System und weniger auf das pädagogische Schulpersonal bezogen. Auch Zukunftsunsicherheiten wurden genannt. Dreh- und Angelpunkt der Kritik war das Ausbleiben von Möglichkeiten für Treffen und peer-Kontakte, die z.T. sehr unterschiedlich nur durch familiäre Strukturen kompensiert werden konnten. Psychische Belastungen waren und sind vielfältig.
Klar wird durch die Auswertung erneut, wie schwierig und z.T. unmöglich es für junge Menschen war, ihre spezifischen Entwicklungsaufgaben zu meistern. Daher müssen die Folgen wirklich zeitnahe aufgearbeitet werden. Auch brauchen junge Menschen spezifische Unterstützung in weiteren Pandemiemaßnahmen – ihre Infrastruktur muss, möglichst, offengehalten werden; und es braucht mehr und nachhaltigere Jugendbeteiligung im Land, gerade auch in Krisenzeiten.
Jedoch von einer einheitlichen Lage oder gar von einer Generation Corona zu sprechen, erscheint aus verschiedenen Gründen nicht sinnvoll:
- Es gibt eine Heterogenität von jugendlichen Lebenswelten, nicht alle fühlen sich gleichermaßen abgehängt.
- Die Corona-Pandemie wütet, es ist kein Thema, dass sich junge Menschen selbst ausgesucht haben.
- Aus der Bezeichnung klingt eine deutliche Defizitorientierung an – analog zur Bezeichnung Generation PISA.
Wir sind gesamtgesellschaftlich gefragt, jungen Menschen mehr zuzuhören und ihre sehr guten analytischen Blicke auf strukturelle Reformnotwendigkeiten, z.B. beim Klimawandel, im Schulsystem, etc. aktiv mit einzubinden in politische Diskurse, wir dürfen sie nicht weiter außer vor lassen.

Ansprechperson
Julia Zeilinger
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